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Lokales
„Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende?“
Kölner Stadtmuseum
Von Roland Schüler

„Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.“ - Dieses schöne alte Sprichwort passt nicht schlecht zu der verfahrenen Situation um das Kölner Stadtmuseum und die 1997 gegründete „Hans und Marlies Stock-Stiftung für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur“, die am 8. September vielleicht ihren Abschluss gefunden hat - vielleicht aber auch noch nicht. 

Ende mit Schrecken fürs Stadtmuseum?
NRhZ-Archiv
 
Die Stifter, das Kölner Ehepaar Hans und Marlies Stock, hatten wie berichtet mit einem Paukenschlag kurz vor der Annahme ihres Geschenks an die Stadt Köln durch den Stadtrat erneut für öffentliche Aufmerksamkeit gesorgt (siehe unseren Bericht vom 11.9., http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=14228). Sie wollten dem Stadtmuseum Köln einen Erweiterungsbau im Wert von fünf Millionen Euro spendieren, dafür aber weit reichenden Einfluss haben: auf dessen Namen, seine inhaltliche Konzeption, einen Sitz in den Gremien und auch darauf, welchen Benefit ihre Erben eines Tages von dieser Gabe haben könnten.
 
Wenn alle Parteien bis auf die Grünen und die LINKE dem Stifterehepaar starke Mitbestimmungsmöglichkeiten einräumen, ist das eine politische Entscheidung, die getroffen werden kann. Wenn es sich aber um Punkte des Vergaberechts handelt, dann kann das nicht politisch entschieden werden, sondern muss hinsichtlich der Rechtmäßigkeit beachtet werden.
 
Gleichzeitig wollte das Stifterehepaar bestimmen, wer den Entwurf des neuen Anbaus ausführt, wer den Neubau und wer den Umbau des Altbaus realisieren sollte. Darauf, dass so gleich mehrere Rechte missachtet würden, hatte zunächst einzig und allein der Bund Deutscher Architekten (BDA) in Köln öffentlich hingewiesen, wie die NRhZ berichtete (s. NRhZ 209, http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=14112.
 
Rechtliche Bedenken
 
Nicht öffentlich, aber sehr deutlich hatte das städtische Vergabeamt seine rechtlichen Bedenken hinsichtlich der von den Stiftern geforderten Vergabe der Sanierung des Gebäudealtbestandes geäußert. Diese Stellungnahme lag der Verwaltung lange vor, wurde aber einfach beiseite gelegt und erst aufgrund der öffentlichen Proteste und Berichte vom zuständigen Amt beachtet. Das ließ diese Eingabe von der Kanzlei CBH Rechtsanwälte überprüfen, der gleichen Kanzlei, die die Stadt Köln beim Köln-Messegeschäft beraten hatte und sich dafür nun vor der Europäischen Kommission rechtfertigen muss. In diesem Fall bestätigte die Kanzlei die Aussagen des Vergabeamtes in allen wesentlichen Punkten! So musste der
Stiftervertrag in diesem wesentlichen Punkt erneut verändert werden, was Politik und Stiftern seit Anfang September bekannt war.
 
Wie beim Messegeschäft
 
Für die äußerst wackelige rechtliche Position der Stadt bei der Vergabe der Planung und dem Bau des Erweiterungsbaus, die nach gültigem Recht ausgeschrieben werden müsste, fand die Kanzlei CBH Rechtsanwälte folgendes Konstrukt: Die Stifter geben der Stadt direkt kein Geld, sondern nur die Sache. Doch genau dieser indirekte Weg wird beim Messegeschäft gerade zum Bumerang.
 
Gerichte entscheiden inzwischen in solchen Fälle sehr deutlich. So muss die Berliner Vergabe beim Schloßneubau neu durchgeführt werden. Und auch beim Hafen in Köln-Godorf hätte die Bezirksregierung nur das genehmigen dürfen, wofür sie zuständig ist, und nicht alle Punkte dieses Projekts, was das Gericht mit Recht moniert hat, während die Stadt Köln für andere Teile des Planungsverfahrens zuständig ist. Damit wäre selbst bei einem Ratsbeschluss zur Annahme der Stiftung alles weiter unklar geblieben, und das war wohl durch die öffentliche Diskussion auch den Stiftern klar geworden. Schließlich ist das Ehepaar der Stadt und ihrem Kulturleben schon lange verbunden.
 
„Belastungen des Stifterehepaares“
 
In ihrer Absage am 9. September findet sich dazu aber kein Wort, sondern sie beklagen: „Die Stiftung bedauert, dass (...) immer wieder Hindernisse aufgetaucht oder aufgebaut worden sind, die befürchten lassen, dass die weitere Abwicklung des Schenkungsvertrags zu persönlichen Belastungen des Stifterehepaares führen wird.“
 
Wer, wie das Stifterehepaar etwas fordert, was rechtlich einfach nicht machbar ist, muss um die Folgen bangen. Das kann lange dauern. Und belastend sein. Von daher ist es durchaus nachvollziehbar, dass das Ehepaar Stock nun erstmal einen Schlussstrich gezogen hat. Doch sollte es Ursache und Wirkung nicht verwechseln. Sie selbst hatten die Ansprüche gesetzt und formuliert und bekommen nun nicht, was sie wollten.
 
Natürlich hätte eine fürsorgliche Verwaltung die Stifter schon vor zehn Jahren darauf aufmerksam machen können und müssen, was möglich und was nicht möglich ist. Und natürlich hätte eine fürsorgliche Verwaltung die Anmerkungen ihres für die Vergabe zuständigen Fachamtes beachten müssen. Beides ist nicht geschehen, und so trägt die Verwaltung - an ihrer Spitze der Noch-Oberbürgermeister Fritz Schramma - ein großes Stück Verantwortung. Man darf Stifter nicht einfach so gegen die Wand fahren lassen, sondern man hat ihnen zu helfen.
 
Ausgerechnet Dank an Schramma
 
Dass die Stifter nun ausgerechnet diesem OB ihren ausdrücklichen Dank aussprachen, weil „der sich zu jeder Zeit für das Projekt eingesetzt hat und uns als Stifter stets persönlich und als engagierter Ansprechpartner zur Verfügung gestanden hat“, verwundert angesichts dieses Führungsdesasters.
 
Weniger verwundern die persönlichen Angriffe von Presse, CDU, SPD und FDP gegen Barbara Moritz und Jörg Detjen von den Grünen und der LINKEN. Die hatten für ihre Fraktionen nämlich rechtzeitig und deutlich auf die Mängel in der Vorlage hingewiesen und verantwortungsvoll Fragen gestellt. Ebenso der BDA, der den Mut hatte, in dieser Stadt eine rechtlich korrekte Vergabepolitik einzufordern. Dafür gebührt ihm ein Preis für Zivilcourage, denn mit der hat man es nicht einfach in dieser Hauptstadt des Klüngels, die der Kölner Autor und Karlspreis-Träger Werner Rügemer mal in einem Buchtitel “COLONIA CORRUPTA“ genannt hat. (PK) 

Online-Flyer Nr. 216  vom 23.09.2009



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