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Lokales
Kölner Linke fordert vor Oppenheim-Bank Schadensausgleich für Messeskandal
Besonders schwerer Fall von Korruption?
Von Hans-Dieter Hey

Mitglieder der Kölner Ratsfraktion DIE.LINKE demonstrierten am 21. August vor dem Bankhaus Sal. Oppenheim und forderten „mehr Transparenz im Geschäftsgebaren“. Außerdem solle die Dank sich an der Wiedergutmachung der Schäden beteiligen, die durch die Messeskandale entstanden sind. Sollte sich der Korruptionsverdacht beim Bau der Kölner der Messehallen bestätigen, will DIE.LINKE auch eine Vertragsanfechtung prüfen. Seit Jahren sind Kölner Bürgerinnen und Bürger darüber empört, für die Skandale allein die Zeche zahlen zu müssen.

Zu Lasten der Stadt Köln...


Bald nach den Kommunalwahlen, am 10. September, soll sich der Kölner Stadtrat erneut mit der Finanzierung der Messehallen befassen. Das hat die Fraktion der Linken zusammen mit Dr. Martin Müser von der Wählergemeinschaft Kölner Bürgerbündnis für Köln mit dem Antrag für ein Wertgutachten gefordert, um durch Sachverständige die Angemessenheit der Miethöhe feststellen zu lassen. Bereits am 15. Mai 2007 war ein solches Wertgutachten zur Überprüfung der fragwürdigen Finanzierung am Widerstand von SPD, CDU und FDP im Rat schon einmal gescheitert. Am 28.8. teilte DIE.LINKE mit, dass sie auch eine Vertragsanfechtung prüfen lassen will, falls sich der Korruptionsverdacht erhärten sollte. Die Herbeiführung eines Vertrages mit Hilfe von Bestechung stelle einen schwerwiegenden Vertragsverstoß dar, der zur Anfechtung beziehungsweise Kündigung berechtigen könne. Jörg Detjen, Fraktionsvorsitzender: „Wir müssen jetzt jede Möglichkeit, aus diesem unseligen Vertrag schnell rauszukommen oder nachzuverhandeln, ergreifen. Sonst kommt das Geschäft mit dem Oppenheim-Esch-Fonds die Kölnerinnen und Kölner teuer zu stehen.“
 

Kleiner, aber deutlicher  Protest ...
Zur Erinnerung: Im Jahr 2003 hatte die Stadt unter CDU-Bürgermeister Fritz Schramma den Millionendeal an den geschlossenen Immobilienfond Oppenheim-Esch ohne europäische Ausschreibung vergeben, offenbar unter entsprechendem Nachdruck des damaligen Chefs der Sparkasse Köln-Bonn, Gustav Adolf Schröder, wie verschiedene Medien berichtet hatten. Der Immobilienfond gehört zu fünf Prozent der Bank Sal. Oppenheim, zur Hälfte Esch und zu vierzig Prozent den Gesellschaftern. Im Rahmen eines zivilrechtlichen Verfahrens hatte Matthias Graf von Krockow, persönlich haftender Gesellschafter und Sprecher des Bankhauses Sal. Oppenheim – das mit dem Slogan „Ein Bankhaus muss Prinzipien haben“ wirbt – eidesstattlich versichert, dass die Mietforderungen „unter Berücksichtigung der entsprechenden Indexierung unter 700 Millionen liegen“. In der Öffentlichkeit wird hingegen eine Miete von 750 Millionen Euro bis zum Jahre 2035 diskutiert. Dr. Werner Rügemer, Autor und Vorsitzender von Business Crime Control, geht von einem noch höheren Betrag aus, der Bestandteil der zivilrechtlichen Auseinandersetzung ist. Rügemer konstatierte, dass sich die Miete auf etwa 800 Millionen Euro summieren dürfte, wie die NRhZ vor einigen Wochen meldete.

...in die eigene Tasche gewirtschaftet?

Noch Mitte 2007 lobte der stellvertretende SPD-Landtagsfraktionsvorsitzende in NRW, Norbert Römer, den damaligen Sparkassenchef Schröder, über den grünen Klee und bezeichnete ihn als „einen bundesweit hoch angesehenen und erfolgreicher Finanzfachmann. Das hat er bis März 2007 an der Spitze der Sparkasse Köln-Bonn eindrucksvoll bewiesen.“ Doch Schröder hatte der Bank im vergangenen Jahr Millionenverluste beschert und musste das Institut verlassen. Noch im gleichen Sommer stieß Nachfolger Dietmar Binkowska auf eine brisante schuldrechtliche Erklärung Schröders, die zum Nachteil der Sparkasse Mietgarantien für das Kölner Coloneum zusicherte, und informierte die Staatsanwaltschaft. Erbauer des Coloneums: Die Oppenheim-Esch-Holding.


...vor mächtiger Bank
Seit einigen Tagen ist es nun in der Republik rum, dass der „erfolgreiche Finanzfachmann“ Schröder vielleicht auch erfolgreich beim Finanzieren des eigenen Portefeuilles war. Denn nun ermittelt die Staatanwaltschaft Köln gegen ihn wegen des Anfangsverdachts der „Bestechung und Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall“ in Verbindung mit dem Bau eines Teils Messehallen in den Jahren 2003 und 2004. Mit in Verdacht steht der Troisdorfer Immobilienunternehmer Josef Esch, dem die Financial Times am 20.8. einen Aufstieg vom Klüngelmann zum Vertrauten der Superreichen bescheinigte. Hatte Esch, so der Vorwurf, dubiose Zahlungen an die Sparkasse geleistet, um bei der Finanzierung der Messehallen zum Zuge zu kommen? Die Rechtsvertretungen von Esch und Schröder bestreiten die Anschuldigungen. Es hätte weder Vergünstigungen, noch Geldzahlungen oder persönliche Zuwendungen gegeben, die Transparenz zwischen Sparkasse und dem Oppenheim-Esch-Fond sei gegeben gewesen, wie in verschiedenen Medien zu lesen war.   

Eine renommierte Unternehmerfamilie, die Deichmanns, hatte jedoch vor einiger Zeit schon die Reißleine bei einigen Fond-Geschäften im Zusammenhang mit der Bank Sal. Oppenheim und Josef Esch gezogen. Unter der Überschrift „Reiche Kundschaft, dunkle Geschäfte“ zitierte die FAZ.net am 23. August die Familie: „Wir können diesen Komplex bisher nicht abschließend beurteilen, legen aber Wert auf die Feststellung, dass für Deichmann korrektes und transparentes Wirtschaften Fundament des unternehmerischen Handelns ist." Bei der für viele undurchsichtigen Finanzierung eines „nahezu mafiösen Netzwerks zu Lasten der Stadt und damit der Steuerzahler“ – so die Grünen im Kölner Stadtrat in einer Presseerklärung – dürfte die Beweisführung für die Staatsanwaltschaft keine leichte Angelegenheit werden.

Endlich Finanz- und Kapitalmärkte regulieren

Jörg Detjen von der Ratsfraktion DIE.LINKE am 21.8.: „Das Bankhaus Sal. Oppenheim hat an Geschäften mit der Stadt Köln gut verdient. Das Bankhaus hat mit dem Immobilienhai Esch eng zusammengearbeitet, gegen den heute ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Korruption eingeleitet wurde. DIE.LINKE hat im Rat einige Vorschläge gemacht, wie die Bank den entstandenen Schaden an der Sparkasse wieder gutmachen kann.“



Jörg Detjen – Ulla Lötzer, MDB, Die.Linke
Fotos: Hans-Dieter Hey


Entsprechend der eidlichen Aussage Graf von Krockow, die Bestandteil einer zivilrechtlichen streitigen Auseinandersetzung mit Dr. Werner Rügemer ist, verlangte die DIE.LINKE am 30. Juni 2009 eine Vereinbarung zur Risikobegrenzung für die Stadt, „nach der die Gesamtmieten für das Projekt Kölner Messehallen bis zum Jahr 2035 nicht mehr als 700 Millionen Euro betrage.“ Unterstützt werden soll dies durch eben ein aktuelles Gutachten zum Wert der Grundstücke und Gebäude, um die Miethöhe bestimmen zu können. Vermutet wird, dass die sogenannten „Softkosten“, die durchschnittlich zwischen 15 und 20 Prozent der Baukosten liegen, künstlich in die Höhe getrieben wurden.
 
Ulla Lötzer: Kein Einzelfall

Eine Risikobegrenzung für die Stadt forderte DIE.LINKE auch in einem weiteren für die Bank Sal. Oppenheim offenbar lukrativen Fall. Im Hinblick auf die enormen Kosten für den Umbau der „RTL-Hallen“ soll die Sparkasse Köln-Bonn zwecks Schadensbegrenzung Verhandlungen mit dem Bankhaus aufnehmen. Auch diese Kosten lägen „erheblich über denen anderer Finanzierungen“. Als Möglichkeit zur Schadensbegrenzung nennt die Partei eine zins- und stimmrechtlose Kapitaleinlage.

Dass Finanzskandale dieser Art kein Einzelfall sind, meint auch Ulla Lötzer, Spitzenkandidatin der Linken für die Bundestagswahl und Sprecherin für internationale Wirtschaftspolitik. Noch im April diesen Jahres wollte Sal. Oppenheim die Finanzkrise, in deren Strudel sie gelangt war, ohne staatliche Mittel und aus eigener Kraft meistern. Nach 220 Jahren Eigenständigkeit soll sie aber mittlerweile wohl in noch zu bestimmender Form in der Deutschen Bank aufgehen, die allerdings noch mit Spannung auf das Ergebnis der Buchprüfung wartet. Als einer der großen Player des Casino-Kapitalismus lädt Sal. Oppenheim mit „Herzlich willkommen im Bereich der Derivate“ zum riskanten Derivate-Geschäft ein. Im Jahr 2008 fuhr sie mit ihren Geschäften einen Verlust von etwa 117 Millionen ein – und das nach einem Gewinn von 255 Millionen im Vorjahr. Offenbar war man mit riskanten Investment-Geschäften und einer „desaströsen Beteiligungspolitik etwa bei Arcandor, IVG und IKB und hohen Kreditengagements bei der Großaktionärin Schickedanz in Nöte geraten“, so FAZ.net vom 23. August. Die Pleite von Arcandor mit circa 150 Millionen Verlust für Sal. Oppenheim hat dem Haus dann offenbar den Rest gegeben und rief die Finanzaufsicht auf den Plan. Und nun erinnert man sich, dass Sal. Oppenheim im Jahr 2007 seinen Sitz von Köln ins steuerparadiesische Luxemburg verlegt hat.

An der Insolvenz von Arcandor, die nun der Gemeinschaft aufgehalst wird, war Oppenheim nicht unbeteiligt. Ulla Lötzer: „Die Geschäfte des Oppenheim-Esch-Fonds zu Lasten der Allgemeinheit sind nicht nur in Köln ein Problem. Auch als Anteilseigner von Arcandor hat die Bank offenkundig im Interesse von Fondsanlegern wie Vorstandschef Middelhoff mit hohen Mieten für von Karstadt genutzte Häuser die Insolvenz mit heraufbeschworen. Tausende Beschäftigte von Karstadt bezahlen dafür mit ihrem Arbeitsplatz.“ Offenbar ein deutlicher Wink in Richtung Regierung, Angela Merkel und ihren vollmundigen Versprechungen, durch die Regulierung der Finanz- und Kapitalmärkte endlich auch Taten folgen zu lassen. Schon „die politische Debatte um die Regulierung der Finanzmärkte hinkt den Notwendigkeiten um Jahre hinterher", sagte Silke Ötsch von der bundesweiten „Arbeitsgruppe Finanzmärkte“ von Attac am 28.9. Bisher seien „die richtigen Lehren aus der
Finanzkrise nicht gezogen“ worden. (HDH)

Online-Flyer Nr. 213  vom 28.08.2009



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