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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Lokales
Jahrestag des Atombombenabwurfs in Hiroshima auf der Kölner Domplatte
Hiroshima: Gedenken und Denkanstoß
Von Johannes Heckmann

Anlässlich des 64. Jahrestages des Atombombenabwurfs auf Hiroshima kamen am Donnerstag, den 6. August Friedensbewegte jeder Couleur vor dem Kölner Dom zusammen. Unter der Moderation von Anne Schulz und musikalisch begleitet von Blue Flower und Lilli B. meldeten sich Bezirksbürgermeister Andreas Hupke für die „Mayors for Peace“, der ehemalige Richter Bernd Hahnfeld für IALANA (International Association of Lawyers against Nuclear Arms) und Jenny Watson von der holländischen Friedensbewegung PAIS, die den „War Resisters International“ angehört, zu Wort.

Andreas Hupke  | Foto: Herbert Sauerwein
Bezirksbürgermeister der Innenstadt Hupke    
Foto: Herbert Sauerwein
In Vertretung des eigentlichen „Bürgermeisters für Frieden“ Fritz Schramma (CDU), verlas Hupke – Mitglied der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – dessen Rede über den „Wahnwitz“ der nach wie vor in Büchel in der Eifel gelagerten zwanzig US-amerikanischen Atomwaffen. Große Hoffnung setzt der zukünftige EX-OB in das Versprechen von US-Präsident Barack Obama, die Welt von der Geißel der Bombe zu befreien. Die Kampagne „2020“, die 1982 vom damaligen Bürgermeister von Hiroshima initiiert wurde, setzt sich für eine atomwaffenfreie Welt bis 2020 ein. Seit 1985 gehört auch die Stadt Köln dem inzwischen weltweit 2000 Kommunen umfassenden Netzwerk an.
 
In der Realität allerdings spiegelt sich der Wille der vertretenen Bundesparteien nur bedingt wieder. So unterstützte eine Rot-Grüne Regierung ebenso den Einsatz von Uranmunition wie die jetzige Koalition unter der CDU-Führung. Der Einsatz von Uranwaffen konterkariert das Streben nach Atomwaffenfreiheit dann doch erheblich.

Zur völkerrechtlich gebotenen Ächtung dieser Waffen lieferte dann IALANA-Mitglied und Richter im Ruhestand Bernd Hahnfeld die unumgängliche schwere Kost, zu der sich der Vorredner offensichtlich nicht durchringen wollte – oder nicht konnte. Hahnfeld ging auf den Amtseid der führenden Politiker ein, die geschworen haben, das Grundgesetz zu wahren und zu verteidigen. Darunter gehören auch die allgemeinen Regeln des Völkerrechts, nach denen keine Waffen eingesetzt werden dürfen, die nicht zwischen kämpfenden Truppen und Zivilbevölkerung unterscheiden und „unnötige Grausamkeit und Leid“ verursachen. Der Internationale Gerichtshof stellte dazu fest, dass die existierenden Atomwaffen gegen völkerrechtliche Bedingungen verstoßen.

Bernd Hahnfeld Foto: Herbert Sauerwein
Bernd Hahnfeld nur wenige Tage später bei den Protesten gegen die letzten Atombomben in Büchel | Foto: Herbert Sauerwein
 
Sowohl der Atomwaffensperrvertrag von 1970, als auch der Zwei-Plus-Vier-Vertrag von 1990, verpflichtet Deutschland, keine Verfügungsgewalt über Atomwaffen anzunehmen oder auszuüben – auch für den Fall, dass die NATO den Einsatz befehlen sollte. Genau dies sei aber in Büchel nicht auszuschließen, kritisierte Be rnd Hahnfeld. Die deu tschen Soldaten stünden dann vor der Wahl zwischen Befehlsverweigerung und der Begehung eines Völkerrechtsverbrechens. Erst im April dieses Jahres bekräftigte die Bundesregierung auf dem NATO-Gipfel in Straßburg – im Widerspruch zu geltendem Recht – dennoch ihr Festhalten an der Nuklearen Teilhabe.
 
Die Strategie der NATO über den Einsatz von Nuklearwaffen, einschließlich der Option eines nuklearen Erstschlags, wird vom Internationalen Gerichtshof generell untersagt. Notwehr wäre auch in extremen Fällen kaum zuzubilligen. Es sei ohnehin unwahrscheinlich, dass es hinterher überhaupt noch ein Gericht geben würde, so Hahnfelds Resümee. Letztlich fordere er nur, wozu die Bundesregierung ohnehin verpflichtet sei. Auch erinnert er nochmals daran, dass wir es nur dem Zufall und dem Glück zu verdanken haben, dass es bis jetzt noch nicht zu einem nuklearen Inferno gekommen ist – und nicht der Besonnenheit der Politiker und Militärs.

Jenny Watson | Foto: Herbert Sauerwein
Jenny Watson und Moderatorin Anne Schulz | Foto: Herbert Sauerwein
 
Zu guter letzt appellierte Jenny Watson von d er holländischen Friedensorganisation PAIS an das Verantwortungsbewusstsein eines jeden einzelnen, gegen die drohende Gefahr eines nuklearen Holocaust aufzustehen, Krieg entschlossen zu bekämpfen und seine Ursachen von der Wurzel her zu beseitigen. In gewaltfreier Aktion müssten Menschen deshalb in aller Welt die Beteiligung an oder die Vorbereitung von Kriegen gemeinsam verweigern.
 
Unter den Teilnehmern der jährlich stattfindenden Kundgebung waren auch einige JapanerInnen, wie die Kinderbuchautorin Toshiyaku Nakagawa. Im Kurzinterview mit der NRhZ bemängelte sie neben der fehlenden Entschädigung für die Opfer vor allem die nach wie vor ausstehende Entschuldigung der „Täter“. Die Frage, wie sie zur japanisch-amerikanischen Zusammenarbeit beim Aufbau des geplanten Raketenabwehrschilds stehe, beantwortete sie mit dem Verweis, dass der US-amerikanische „Schutzschirm“ – ähnlich wie in Deutschland – in Japan zwiespältig wahrgenommen würde.

Hiroshimatag in Köln Foto: Johannes Heckmann
Kinderbuchautorin Nakagawa (links) beim Hiroshimatag in Köln
Foto: Johannes Heckmann
 
Hinter ihren Büchern steht die Intention, ein Bewusstsein für Frieden zu schaffen – sowohl für Kinder, die in Kriegs- oder anderen Katastrophengebieten aufgewachsen sind, als auch für Kinder, die in „äußerlich friedlichen Staaten“ leben, wie Nakawaga es ausdrückte.

Die Papierkraniche, die sie mit anderen an ihrem Aktionsstand verteilte, sind Eingedenk an die Geschichte des „Hiroshima Girls“, die auch von Sängerin Blue Flower im gleichnamigen Song (im Original von Pete Seeger) besungen wurde. Die traurige Geschichte handelt von einem strahlengeschädigten Mädchen, das in der Hoffnung durch das Basteln von Tausend Papierkranichen zu gesunden – noch ehe es ihr „Ziel“ erreichte – im Alter von sieben Jahren starb.

die Kölner Sängerin Blue Flower Foto: Herbert Sauerwein
Frieden bewegt: die Kölner Sängerin Blue Flower | Foto: Herbert Sauerwein
 
„Nein, nein, nein“ sang die Kölner DJane und Reggae-Musikerin Lilli B. passend dazu. Kritisch aber gleichzeitig hoffnungsspendend verkörperte sie die Generation jener nachwachsenden Menschen, die den Weg in eine atomwaffenfreie Zukunft weisen können.


Das Startbild von Herbert Sauerwein zeigt eine Protest-Postkarte an Angela Merkel mit abgewandeltem Obama-Zitat. (CH)

Online-Flyer Nr. 210  vom 12.08.2009

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