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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Wirtschaft und Umwelt
Erfolgreiche Anti-AKW-Kundgebung zur RWE-Aufsichtsratssitzung
Reaktor brach mehrfach zusammen
Von Ferdinand Dürr und Peter Kleinert

Am frühen Morgen steht ein einsamer Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma vor der RWE-Zentrale in Essen und wartet. Als kurz vor acht die ersten Campact-Aktiven eintreffen, verweist er sie noch vom Vorplatz des gläsernen Hochhauses auf den Gehweg – nur dort sei die heutige Aktion angemeldet. Aber es kommen immer mehr Leute hinzu und so gibt er seinen Standpunkt schnell auf: Bald tummeln sich über 120 Menschen zwischen Straße und Zufahrt, halten Schilder und Transparente hoch und bauen ein Trampolin auf.

Der Belene-Reaktor auf dem Trampolin beginnt zu wackeln
 
Noch bevor die ersten Limosinen vorfahren, steht nicht nur ein Trampolin auf dem Grundstück des Energiekonzerns, sondern oben drauf auch noch ein Atomkraftwerk aus Schaumstoff. Auf unsicherem Grund, wie sich zeigen wird. Als zwei Trommler anfangen auf gelbe Atomfässer zu schlagen, gruppieren sich die Aktiven von Urgewald, Greenpeace Essen, Attac Essen und Campact um das Trampolin, und drei Bauarbeiter von RWE, erkennbar am Schriftzug auf ihren Strahlenschutzanzügen, klettern hinauf. Der Boden, auf dem das sichtbar marode Trampolin steht, beginnt immer stärker zu schwingen, so stark, dass die RWE-Arbeiter versuchen, das Kraftwerk notdürftig zu stützen. Doch vergeblich: Unter den „Finger weg von Belene!“-Rufen der Umstehenden bricht das Kraftwerk zusammen.


In Erdbebengebieten bleiben AKWs eben nicht lange unversehrt stehen
 
Unterdessen versuchen Mitglieder des RWE-Aufsichtsrats, sich unauffällig in das Gebäude zu schleichen. Doch sobald sie entdeckt werden, wendet sich alle Aufmerksamkeit ihnen zu und mit Pfiffen und Parolen werden sie aufgefordert, ein Risiko-Kraftwerk wie auf dem Trampolin in der Realität zu verhindern. Denn der Aufsichtsrat hat es in der Hand: Er kann die Pläne von RWE-Vorstand Jürgen Großmann stoppen, der rund 1,3 Milliarden Euro in zwei Atomreaktoren im bulgarischen Belene investieren möchte - wie die NRhZ bereits berichtete - in ein AKW mitten in einem Erdbebengebiet.
 
Inzwischen sind Vertreter/innen der Medien eingetroffen und auch sie möchten sehen, wie das Atomkraftwerk auseinander bricht. So bauen die Menschen in Strahlenschutzanzügen den Reaktor wieder und wieder auf, doch genauso oft beginnt der Boden zu beben: In Erdbebengebieten - und das Trampolin scheint ein solches zu sein - bleibt ein Kraftwerk einfach nicht lange unversehrt.


Wie der Aufsichtsrat auf die Kundgebung reagiert hat, ist noch nicht bekannt
 
Als auch die letzten AufsichtsrätInnen - unter ihnen die Mülheimer OB Dagmar Mühlenfeld -  im Sitzungssaal im 30. Stockwerk des Hochhauses sitzen sollte und die Versammlung gerade beginnt, steigt unsere Botschaft auch in den Himmel: Auf ein Kommando hin lässt jede/r der Aktiven vor Ort einen Luftballon mit der Aufschrift „Keine neuen Atomkraftwerke“ steigen. Die Ballons verfangen sich kurz im Vordach und fliegen dann weiter am Turm nach oben - vorbei an den Panoramafenstern des Aufsichtsrats und weiter in den offenen Himmel.
 
Nachdem das Trampolin und das Kraftwerk abgebaut sind, traut sich auch der Mitarbeiter der Sicherheitsfirma wieder auf den Vorplatz. „Ihr wart ja ganz schön viele!“, kommentiert er und läuft wieder die Straße entlang auf und ab.
 
Besuch bei den OBs von Essen, Dortmund und Mülheim

Die Umweltorganisationen werden in den nächsten Tagen drei OberbürgermeisterInnen im Ruhrgebiet besuchen, die Mitglieder des RWE-Aufsichtsrates sind, um ihnen klar zu machen, dass ein Pro-Atom-Kurs im Vorfeld der Kommunalwahlen für sie wenig hilfreich sein dürfte. Sie wollen ihnen jeweils 22.000 Gelbe Karten mit Unterschriften gegen den Bau von AKWs überreichen und mit ihnen vor den Türen der Rathäuser darüber öffentlich ins Gespräch kommen.

Als Treffpunkte sind geplant:
Essen: Mittwoch, 4. März, 13.30 Uhr: Porscheplatz, vor dem Rathaus
Dortmund: Sonntag, 8. März, 13 Uhr: Friedensplatz, vor dem Rathaus
Mülheim: Donnerstag, 12. März, 14.30 Uhr: Bergstr. 1-3, vor der Volkshochschule

„Bisher haben die Oberbürgermeister die Übergabe der Postkarten und eine öffentliche Diskussion mit uns abgelehnt. Wenn Sie nicht zu uns kommen, kommen wir zu ihnen! Wir haben öffentliche Termine der drei Oberbürgermeister herausgesucht und erwarten sie vor der Tür. Wenn wir genügend Menschen sind, werden Sie sich einer Diskussion mit uns kaum entziehen können!“ heißt es in dem Aufruf. (PK)

 
Fotos: www.campact.de

Online-Flyer Nr. 187  vom 04.03.2009



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