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Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

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Demonstrationen am 17.1. in Köln, Frankfurt am Main und anderen Städten
„Stoppt das Massaker in Gaza!“
Von Anneliese Fikentscher, Andreas Neumann und Peter Kleinert

Am 17. Januar fand auch Köln eine der seit Wochen weltweit laufenden - und offenbar nicht ganz ohne Erfolg gebliebenen - Demonstrationen gegen das brutale Vorgehen Israels in Gaza statt. Neben Köln waren in Deutschland u.a. Berlin, Bochum, Bremen, Bremerhaven, Bremervörde, Duisburg, Essen, Frankfurt am Main, Hamburg, Hanau, Heidelberg, Kassel, Kempten, Mülheim, Oldenburg, Stuttgart, Tübingen, Ulm und Worms Orte von Protesten.




Ein Schwerpunkt von Kundgebung am Dom und Demonstration durch die Kölner Innenstadt war der Protest gegen den unmenschlichen Charakter des israelischen Vorgehens und seine entsetzlichen Folgen für die im Gaza-Streifen eingeschlossene Bevölkerung. Daran knüpfte sich die Hauptforderung: „Stoppt das Massaker in Gaza!“. Oder Forderungen wie: „Schluss mit der Belagerung - sofortige Öffnung der Grenze! Keine weitere Lieferung deutscher Waffen nach Israel! Bedingungslosen Rückzug Israels aus Gaza!“
 


Aber das Blickfeld der Demonstranten war breiter. Wie Hunderten von britischen Akademikern in Ihrer Stellungnahme vom 16.Januar ist vielen klar geworden, daß die aktuellen Ereignisse in Gaza Teil einer langfristig angelegten Strategie sind: „Die Massaker in Gaza sind die letzte Phase eines Krieges, den Israel seit mehr als 60 Jahren gegen die Menschen Palästinas führt. Das Ziel dieses Krieges hat sich nie geändert: die überwältigende Militärmacht zu nutzen, um die Palästinenser als politische Kraft auszumerzen, eine Kraft, die fähig ist, sich der permanenten Aneignung ihres Landes und ihrer Ressourcen zu widersetzen."

Oder wie es der uruguayische Schriftsteller und Journalist Eduardo Galeano in der „jungen Welt“ vom 17.1. formulierte: „Seit 1948 sind die Palästinenser zu einer lebenslangen würdelosen Unterwerfung verurteilt... Es gibt nur noch ganz wenig Palästina. Israel radiert es Schritt für Schritt von der Landkarte." Ein entsprechendes Transparent war beim Protest in Köln zu sehen.
 


Gemäß der wachsenden Erkenntnisse gehen auch die Forderungen weiter. Wie britische Jüdinnen und Juden, die in einer Stellungnahme vom 10.1. als ersten Schritt den Abzug des Botschafters aus Israel und – wie gegen das Südafrika der Apartheid – Boykott, Desinvestition und Sanktionen fordern, waren auch in Köln Boykott-Forderungen zu sehen, die geeignet scheinen, Israel von seinem mit Kriegsverbrechen gepflasterten Weg der Gewalt abzubringen.

In einem auf der Demonstration verteilten Flugblatt war zu lesen: „Wir verurteilen jede Äußerung, die die Politik Israels mit der des deutschen NS-Regimes vergleicht." Damit stehen die Verfasser im Gegensatz zu den zahlreichen britischen Juden und Jüdinnen, die zum Boykott Israels aufrufen und sich an Warschauer Ghetto und Nazi-Mord durch Hunger erinnert sehen: „Wenn wir die toten und die blutenden Körper kleiner Kinder sehen, die Sperrung von Wasser, Strom und Nahrungsmittelzufuhr, sehen wir uns an das Warschauer Ghetto erinnert. Als Dov Weinglass, ein Berater des israelischen Premierministers Ehud Olmert davon sprach, die Gaza-Bewohner 'auf Diät' zu setzen, und als der stellvertretende Verteidigungsminister Matan Vilnai davon sprach, daß die Palästinenser ,eine größere Shoah' erleben würden, erinnerte uns das an Generalgouverneur Hans Frank im Nazi-besetzten Polen, der vom ,Tod durch Hunger' sprach."

 

Die aufrufenden Organisationen in Köln waren neben den Palästinensischen Gemeinden von Bonn und Köln AGIF, ATIF, BIR-KAR, Bündnis Stoppt die antimuslimische Hetze, DIDIF, DKP Köln, Initiativ e.V., Internationale Sozialisten, Karawane Wuppertal, Kein Blut für Öl, KPD/ML, MLPD, Zeitung Yasanacak Dünya, YDG – Neue Demokratische Jugend. Was in diesem nicht ganz kleinen Aktionsbündnis fehlte, waren all4erdings wesentliche Organisationen der Friedensbewegung.

Der palästinensische Arzt und Mitveranstalter George Rashmawi, der auch an der Übergabe einer Protestnote am 2. Januar bei der UN-Vertretung in Bonn beteiligt war, bittet um Spenden zur Beschaffung von Hilfsgütern, insbesondere von Arzneimitteln für die Opfer in Gaza: Bankverbindung Deutsch-Palästinensische Medizinische Gesellschaft (DPMG), Konto-Nr.: 999511461, BLZ: 44010046, Postbank Dortmund, Kennwort: GAZA.



In Frankfurt/Main demonstrierten am gleichen Tag ca. 15.000 bis 17.000 Menschen gegen den Krieg Israels. Die bei den Kundgebungen scharf kritisierten deutschen Medien hatten am Vorabend der hessischen Landtagswahlen die Teilnehmerzahl bewusst kleingeschrieben und geredet. Bereits am 3. Januar hatten sich auf dem Römerberg etwa 10.000 Menschen versammelt.

In den Abendnachrichten „Hessenschau" wie in der „Tagesschau" und der „heute"-Sendung meldete man nach kurzem Kameraschwenk lediglich 4.500 Teilnehmer. Auf der Kundgebung hatte man nämlich die ARD für die Absetzung der „Anne-Will"-Sendung zu Gaza scharf kritisiert. Dass ausgerechnet der Motor für eine jüdisch-muslimische Verständigung und friedliche Zusammenarbeit, der jüdische Dirigent Barenboim, sowie eine palästinensische christliche Professorin nach ihrer Anreise wieder ausgeladen worden waren (s. NRhZ vom 12.1.), quittierten die Menschen mit gellenden Pfiffen und Buhrufen. Beifall gab es für die Resolutionen von über 300 britischen jüdischen Intelektuellen, die Sanktionen gegen Israel forderten bis das Massaker beendet sei.
 

Fotos: Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Noch mehr Beifall gab es für die Anzeige von über 50 deutschen, jüdischen WissenschaftlerInnen, VerlegerInnen, SchriftstellerInnen gegen die Kriegsverbrechen von Olmert, Barak und Livni. Zu den Unterzeichnerinnen gehören Prof. Dr. Rolf Verleger, Mitglied des Zentralrates der Juden in Deutschland, Galit Altshuler, Asaf Angermann, Esther Bejarano, Stacey Blatt, Prof. Dr. Michal Bodemann, Gideon Boss, Dr. Eliav Brand, Elias Davidsson, Prof. Dr. Almut Sh. Bruckstein-Çoruh, Prof. Dr. Wolfgang Edelstein, Hedy Epstein, Ursula Epstein, Erica Fischer, Ilil Friedman, Ruth Fruchtman, Iris Hefets, Dr. Ronit Land , Dr. Jean Joseph Lévy, Jonathan Kaiser, Michal Kaiser-Livne, Dr. Kate P. Katzenstein-Leiterer, Felicia Langer, Mieciu Moshe Langer, Dr. Edith Lutz, Abraham Melzer, Petra Mendelsohn, Moshe Perlstein, Prof. Dr. Fanny-Michaela Reisin, Michael Riese, Prof. Dr. Paul Otto Samuelsdorff, Nirit Sommerfeld, Tanya Ury, Dr. Susan Winnett, Barbara Wolterstädt.

Neben den zentralen Parolen forderten die Demonstranten, die Israelische Regierung wegen ihrer Kriegsverbrechen vor ein internationales Tribunal zu stellen. Ebenfalls vor dieses Tribunal gehörten alle, die logistische und propagandistische Beihilfe leisten, wie Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Steinmeier. (PK)

Lesen Sie hierzu auch den Artikel von Uri Avnery in dieser Ausgabe

Online-Flyer Nr. 181  vom 21.01.2009

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