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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Sport
Würde ich einen gigantischen Lotto-Jackpot abräumen…
…käme Poldi wieder nach Köln
Von Hermann

Christoph Daum wußte es schon vorher: „Das wird das Spiel der Spiele", sagte er der ARD-Sportredaktion, „die Stadt vibriert". Er sollte Recht bekommen, obwohl er wohl eher von einem Sieg gegen die BAYERN geträumt hatte und nicht davon, dass Lukas Podolskdi von der Kölner Fans jubelnd gefeiert werden würde. Ausgerechnet nachdem er – endlich für Klose eingewechselt – das 3:0 gegen den FC geschossen und auch das 2:0 vorbereitet hatte. Genug zum Nachdenken für unseren Sportkolumnisten Hermann. – Die Redaktion.


 Lukas Podolski – im Gegenzug
 einen vollen LkW
 Quelle: Stadt Köln
Für die Sportredaktionen der hiesigen Boulevardpresse brechen jetzt wohl arbeitsintensive Zeiten an, denn durch das Schließen des Transfermarktes müssen nun wieder neue Themenfelder abgegrast werden, um den fußballinteressierten potentiellen Leser an den Zahlteller des Büdchens zu locken. Eine tägliche stupide Neuerwärmung der annähernd-hundertprozentigen-beinahe-sicheren-fast-in-trockenen-Tüchern-Lukas-Podolski-Rückholaktion reicht wegen ihrer inzwischen erkennbaren Undurchführbarkeit jedenfalls nicht mehr aus. Zumindest bis sich das Transferfenster im Winter wieder öffnet. Was dann passiert, kann man sich bereits jetzt mit recht wenig Fantasie in den buntesten Farben ausmalen. Fans werden Spendenaufrufe starten, erneute Demonstrationen mit zweistelligen Teilnehmerzahlen werden auf die unmenschlichen Mißstände durch die anhaltende Poldi-Armut im Großraum Köln hinweisen.
 
Wurst-Uli antwortete nicht
 
Schlimm daran ist, dass ich, der ich im vergangenen Spätherbst ja so etwas wie der Vater des Gedanken war, inzwischen nicht mehr so ganz von der Richtigkeit des Ganzen überzeugt bin. Das alles hätte nach meinem Geschmack etwas ruhiger und unaufgeregter vonstatten gehen sollen. In meiner Vorstellung hätte Wolfgang Overath zum Telefonhörer gegriffen und kurz die Nummer von Uli Hoeneß Büro in der Säbererstraße gewählt, nach einem kurzen Plausch über das Wohlbefinden der Familie und so weiter, hätte er dann unverhohlen den Vorschlag äußern können, dass die Bayern den jungen Stürmerstar in einen Zug gen alte Heimat setzten, im Gegenzug wurde sich in Köln ein bis zum Anschlag mit Banknoten gefüllter LKW vom schönen Rheinland aus auf den Weg nach Süden machen. Vielleicht hätte ich den Vorschlag selber unterbreiten sollen, dann würde Hoeneß jetzt wenigstens nicht behaupten können, es hätte keine Anfrage aus Köln gegeben. Aber ich habe bereits bei Zeiten den Briefverkehr mit Wurst-Uli eingestellt, nachdem sich der Herr wohl zu fein war, auf mein letztes Anschreiben zu antworten.
 
Viel mehr noch als das ganze Hätte, Wenn und Könnte ist mir persönlich besagter Lastkraftwagen ein Dorn im Auge. Nicht das Fahrzeug an sich, sondern eher die Herkunft des Inhalts. Als die Führungsetage des 1.FC Köln der ortsansässigen Journaille in die Blöcke diktiert hatte, dass man nur auf ein Signal aus München warte, die Ablösesumme stelle kein Problem dar, dafür hätte man „Investoren von außen", klatschte der gemeine FC-Anhang eifrig in die Hände und gab sich der schillernden Vorfreude hin, in Bälde den Prinzen an der Seite von Super-Nova durch des Gegners Strafraum wirbeln zu sehen. Keine unangenehme Vorstellung, das gebe ich zu.
 

Dietmar Hopp – SAP-Mitgründer
und inzwischen DH-Stifter | Quelle:
www.dietmar-hopp-stiftung.de
Man kann doch nicht den Erhalt der 50+1-Regelung fordern und gleichzeitig sein Seelenheil bei namenlosen Investoren suchen; man kann doch nicht „Hoffenheim“ hassen und dabei raue Mengen an Geld unbekannter Herkunft mit offenen Armen empfangen. Dietmar Hopp ist ein reicher Knacker, der sich ein Hobby ausgesucht hat, über das eine Menge Leute unglücklich sind. Er macht, was er macht, weil er es sich leisten kann. Würde er, wie es sich für einen Privatier seiner Preisklasse eigentlich gehört, seine üppige Freizeit mit Schampus und Koks füllen, würde vermutlich eine traditionsreichere Mannschaft als besagtes Projekt in der Bundesliga spielen. Das ist zwar bitter, aber immerhin sind seine Absichten nicht zwingend kommerzieller Natur.
 
Dietmar Hopp stellt den klassischen Mäzen dar, ein Investor hat aber ganz andere Interessen. Er investiert. Das heißt, er will für das Geld, das er gibt, auch etwas zurück. Das ist in der Regel auch Geld. Aber am liebsten mehr, als er gegeben hat, denn ein Investor will Geschäfte machen. Er schläft nicht besser, wenn Podolski wieder zu Hause ist, die glänzenden Augen der FC-Fans, wenn der verlorene Sohn erstmals wieder mit Geißbock auf der Brust den Rasen in Müngersdorf betritt, lassen es ihm nicht warm ums Herz werden, er will die Kasse klingeln hören. Der Investor ist nicht einmal Roman Abramowitsch, er ist Malcolm Glazer. Und ein Blick nach Manchester zeigt, wer in der Regel den Geldhunger der Investoren stillen soll: der zahlende Zuschauer.
 
Alle würden rätseln
 
Ich für meinen Teil verzichte lieber auf alle Poldis dieser Welt, wenn dadurch sicher gestellt wäre, dass ich mir auch in zehn Jahren noch eine Dauerkarte leisten kann. Am liebsten wäre mir natürlich beides, aber wenn ich mich entscheiden müsste, fiele mir das nicht schwer. Meine Anwesenheit im Stadion ist mir da wichtiger. Dennoch werde ich versuchen, mit der nötigen Gelassenheit der weihnachtlichen Transferperiode zu begegnen. Wahrscheinlich als einziger in Köln. Sollte ich in der Zwischenzeit allerdings einen gigantischen Lotto-Jackpot abräumen, stünde ich natürlich gerne für die Ablösesumme zur Verfügung. Anonym versteht sich. Alle würden rätseln, wer denn wohl dieser rheinische Hopp sein mag, der unerkannt bleiben will. Mit klammheimlicher Freude würde ich meinen Platz im Stadion einnehmen, denn niemand würde mir das Mäzenatentum ansehen. Naja, das Schampusglas und die weißen Rückstände unter der Nase könnten mich vielleicht verraten. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass es so kommt, ist eher gering. Verdammt gering sogar, wenn man bedenkt, dass ich nicht mal Lotto spiele. (PK)

Online-Flyer Nr. 164  vom 17.09.2008



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