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Aktueller Online-Flyer vom 23. April 2024  

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Kommentar
Über die Hintergründe des angefragten Bundeswehreinsatzes in Afghanistan
Keine Bundeswehr-Kampfeinsätze
Von Karl C. Fischer

Zunächst stelle ich fest, dass der am 2. Februar im Kölner Stadtanzeiger veröffentlichte Gastbeitrag von Karl Feldmeyer mit der Überschrift „Gemeinsam rein, gemeinsam raus“ das Klarste und Informativste über wesentliche Punkte der aktuellen Weltlage ist, was ich seit Langem gelesen habe. Aus dem Grund möchte ich die aus meiner Sicht wichtigsten Feststellungen dieses Beitrages wiedergeben und einige Bemerkungen anfügen.

robert_gates
US-Verteidigungsminister Gates und zukünftiger Expräsident

Im Oktober 2007 waren 71 Prozent der Deutschen gegen eine Verlängerung der Bundeswehr-Einsätze in Afghanistan, die der Bundestag trotzdem beschloss. Nun verlangt US-Verteidigungsminister Robert Gates, die Bundeswehr müsse Hubschrauber mit Kampfbataillonen der Fallschirmjäger in den kaum kontrollierbaren Süden Afghanistans entsenden.

Schon aus diesen Gründen darf angenommen werden, dass solche Kampfeinsätze von viel mehr Bundesbürgern abgelehnt werden, als im vergangenen Jahr – und erst recht, wenn ihnen folgende Informationen in Zukunft nicht vorenthalten werden.

Dabei ist speziell den Bundeswehrsoldaten „der Gebrauch von tödlicher Gewalt verboten, solange kein Angriff stattfindet oder unmittelbar bevorsteht“, so wörtlich ein vertraulicher Vorbehalt, den die Bundesregierung bei der Nato hinterlegte.

Aufgrund dieser Sachlage muss jeder Fall untersucht werden, in dem ein Dritter durch einen Bundeswehrsoldaten zu Schaden kommt, so dass deutsche Soldaten in Afghanistan ihr Leben riskieren aber auch in ihrer Heimat mit einer Strafe bedroht werden, weil die deutschen Gesetze für den Frieden und nicht für den Krieg gemacht wurden sowie für alle gleich sind.

Afghan student takes notes
Noch viel zu wenige Kinder können eine Schule besuchen

Das alles aber verschwieg die Bundesregierung, so dass sie jetzt gezwungen ist, die Schwierigkeiten bekannt zu machen, die sich aus einem beabsichtigten Kampfeinsatz im Süden Afghanistans ergeben. Im Zusammenhang damit müssen fast alle Regelungen für Bundeswehreinsätze in Afghanistan geändert werden. Denn es ist wahrscheinlich, dass die Kampfhandlungen in dem zur Zeit noch gerade beherrschbaren Norden Afghanistans zunehmen, da die vor Jahren angestrebten Ziele, die Taliban zu vertreiben, ebenso wenig erreicht wurden, wie die Bekämpfung der Korruption und der Anbau von Schlafmohn, aus dem heute mehr als die doppelte Menge Opium gewonnen wird als vor sechs Jahren.

Das aber ist nicht die größte Gefahr, die der Nato, den USA und ihren Partnern wie der Bundesrepublik droht. Neben Afghanistan ist die Militärdiktatur Pakistan vor allem das Wohngebiet der Paschtunen, die im Grenzland beider Staaten leben, in einer nicht beherrschbaren Region. Dort werden nämlich dauernd neue anti-westliche Kampfverbände mit hochmoderner Bewaffnung aufgestellt, die sich vermutlich durch das Opiumgeschäft finanzieren.

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Soldaten in der Provinz Kunar | Foto: US-Regierung CC

Zudem ist Pakistan eine vom Westen tolerierte Diktatur, die außerdem eine Atommacht ist, deren Opposition zudem aus sehr starken anti-westlichen und schwachen pro-demokratischen Kräften besteht. Doch bevor nun bald Wahlen in Pakistan stattfinden, schlug Gates dem pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf vor, US-Truppen nach Pakistan zu entsenden, was aber den anti-westlichen Kräften zusätzliche Anhänger verschaffte und den Diktator zu einer schroffen Ablehnung dieses Vorschlags veranlasste.

Daher besteht nun sogar Gefahr, dass nicht nur die Nato von erheblich stärker werdenden anti-westlichen Kräften in Afghanistan und Pakistan, dem Iran sowie auch im Nahen Osten bekämpft wird. Feldmeyer meint nun im KStA, diese Überlegungen zugunsten der Bündnissicherheit zwischen der Bundesrepublik und den Vereinigten Staaten bis zu dem in wenigen Tagen stattfindenden Nato-Sicherheitsrat zurückstellen zu müssen oder bis zum November zu warten, wenn die USA einen neuen Präsidenten gewählt haben.
Wer das wird und welche Außenpolitik er/sie beabsichtigt, spricht der Gastbeitrag nicht an, da über solche Fragen nur spekuliert werden kann. Doch es ist bekannt, dass die in den jetzt stattfindenden Vorwahlen führenden Kandidaten für den US-Präsidenten John McCain (Republikaner), Hillary Clinton und Barack Obama (beide Demokraten) heißen.

Dabei ist es anhand der veröffentlichten Programme dieser Bewerber für das Weiße Haus absolut sicher, dass sich der neue Präsident der USA in jedem Falle für die Aufstockung der US-Truppen in Afghanistan einsetzen wird – egal ob er ein Mann, eine Frau oder ein Farbiger ist.

Dann haben wir ja gute Aussichten auf den ewigen Krieg – leider. (CH)


Online-Flyer Nr. 132  vom 06.02.2008

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