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Aktueller Online-Flyer vom 25. April 2024  

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Lokales
Ehrung der beiden Kriegsgegner Albin Köbis und Max Reichpietsch
Doch auf dem Militärfriedhof in Wahn
Von Manfred Demmer und Peter Kleinert

Am Morgen des 8. September versammelten sich Mitglieder einiger politischer, kultureller und Friedensorganisationen vor dem Tor der Luftwaffenkaserne in Porz-Wahn, um die vor 90 Jahren dort hingerichteten Kriegsgegner Albin Köbis und Max Reichpietsch zu ehren. Trotz des ursprünglichen Verbots des Kasernenkommandanten (siehe NRhZ 110) durfte schließlich doch eine Delegation mit dem Bundestagsabgeordneten der Links-Fraktion Gert Winkelmeier Blumen am Denkmal auf dem Kasernengelände niederlegen. 
Der Kasernenkommandant war bei seiner Weigerung, die Ehrung an den Gräbern der ermordeten Matrosen Köbis und Reichpietsch vorzunehmen, nach einem Protest der Kulturvereinigung Leverkusen sogar vom Bundesverteidigungsminister unterstützt worden. Begründung: Auf dem Friedhof sei eine „politische Veranstaltung“ geplant. Dies sei auf Bundeswehrgelände nicht erlaubt.




Nachdem die Veranstalter darüber die Öffentlichkeit informiert hatten, wurden Politiker wie der Kölner Bundestagsabgeordnete Dr. Rolf Mützenich (SPD) und linke MdBs wie Paul Schäfer, Ulla Jelpke und Gert Winkelmeier aktiv. Die Gewerkschaftsvorsitzenden von Oldenburg/Wilhelmshaven, Manfred Kloepper und Köln-Leverkusen-Erft-Rhein-Berg, Wolfgang Uellenberg-van Dawen, protestierten öffentlich. Als sich am Samstagmorgen darüber hinaus LINKS-Fraktionsmitglied Gert Winkelmeier auch noch als Mitglied des Verteidigungsausschusses persönlich vor der Kaserne anmeldete, gab die Bundeswehr nach.
 
 
Albin Köbis 
Quelle: www.albin-koebis.de

Gemeinsam mit dem Abgeordneten durfte schließlich eine Gruppe aus den vor dem Tor Versammelten mit Blumen für die Opfer der kaiserlichen Weltkrieg I-Politik zum Friedhof gehen. Und trotz der Auflage, „keine politische Rede“ zu halten, erklärte dort ein Vertreter der Kulturvereinigung Leverkusen e.V.: „Wir ehren heute hier die beiden Kriegsgegner… In ihrem Sinne werden wir weiterkämpfen!“. Er wurde anschließend nicht festgenommen.


Historiker Günter Judick. 
Die folgende Demonstration vom Kasernenhaupttor Flughafenstraße entlang der Bundeswehrkaserne endete am ehemaligen Haupttor auf der Heidestraße. Dort hielt der Bundestagsabgeordnete aus Neuwied, Gert Winkelmeier, eine Ansprache, in der auch die aktuellen Bundeswehreinsätze in aller Welt angesprochen und einer kritischen Prüfung unterzogen wurden. Auf Transparenten und Plakaten der Demo-Teilnehmer war u. a. die Forderung „Bundeswehr raus aus Afghanistan!“ zu lesen. Weitere Plakate bekräftigten ein deutliches Nein zu einem Krieg, der „unter verlogenen Parolen“ geführt werde.

Im Anschluss an die Demonstration versammelten sich die Teilnehmer im „Brauhaus Porz“, wo der zweite Teil der Veranstaltung stattfand. Der weiter entfernte Versammlungsort musste gewählt werden, weil die ursprünglich vorgesehene Gaststätte in unmittelbarer Nähe zur Luftwaffenkaserne ihre Zusage zur Durchführung der Saalveranstaltung  kurzfristig zurückgezogen hatte.


MdB Gert Winkelmeier
Fotos: H. D. v. Kirchbach


Diplomhistoriker Günter Judick, der schon vor vierzig Jahren an der Gestaltung der Gedenkfeier für Köbis und Reichpietsch mitgewirkt hatte, verband in seiner Ansprache die historischen Aspekte eindrucksvoll mit der aktuellen Kriegspolitik der Bundesregierung. Judicks Aussagen wurden eindrucksvoll durch einen Film bestätigt, der vor rund vierzig Jahren in der Bundesrepublik produziert wurde und die Ereignisse bei der „Matrosenmeuterei 1917“ anhand von Dokumenten und Archivmaterial nachzeichnet.

Zum Abschluss der Gedenkveranstaltung sprachen sich die Teilnehmer für eine Initiative aus, die sicherstellen soll, dass künftig ein ungehinderter Zugang zu den Gräbern der beiden hingerichteten Matrosen möglich wird. Die Kulturvereinigung Leverkusen e.V., so ihr Vorsitzender Horst Wilhelms, fühle sich verpflichtet, für diese Forderung weiter aktiv zu streiten. (PK)

Zur Nicht-Berichterstattung des Kölner Stadt-Anzeiger über die Gedenkveranstaltung lesen Sie den Offenen Brief an dessen Chefredakteur von einem ehemaligen Genossen in dieser Ausgabe.

Online-Flyer Nr. 112  vom 12.09.2007



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