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Aktueller Online-Flyer vom 18. April 2024  

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Wirtschaft und Umwelt
Gentechnik-Landwirtschaft gefährdet Zukunft der Imkerei
Bienen kennen keine Abstandsregeln
Von Christel Mertens

„Der Anbau genmanipulierter Pflanzen gefährdet die Zukunft der Imkerei und die Erträge unserer Landwirtschaft.“ So das einhellige Resümee der Landesverbände Westfälisch-Lippischer Imker, des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der ‚Regionalen Landwirtschaft Münsterland e.V.“ (RLM) auf einem gemeinsamen Seminar mit rund 100 Teilnehmern in Münster. Die BAYER AG in Leverkusen ist einer der führenden Gentechnik-Konzerne der Welt.
Verbraucher lehnen Gentech-Lebensmittel ab
 
„Honig ist ein völlig naturbelassenes wertvolles Produkt und genießt genau deshalb eine hohe Wertschätzung bei den Verbrauchern. Besuchen Honigbienen z.B. die Blüten von genmanipuliertem Raps, und gelangen dessen Pollen in den Honig, ist dieser kaum noch als Lebensmittel vermarktbar“, so Friedrich-Wilhelm Brinkmann, Vorsitzender des Landesverbandes Westfälischer- und Lippischer Imker. Die Verbraucher lehnten Gentech-Lebensmittel entschieden ab. Mit schwindendem Absatzmarkt würden viele der rund 10.000 Imker in NRW die Imkerei einstellen müssen, und die ohnehin rückläufige Imkerei in Deutschland würde in ihrer Existenz gefährdet.
 
„Ein Rückgang an Bienenvölkern hätte jedoch gravierende Auswirkungen auf Naturschutz und Landwirtschaft“, erklärte in dem Seminar Ralf Bilke, Agrarreferent des BUND NRW. „Die meisten Kulturpflanzen sind auf die Bestäubung der Bienen angewiesen. Weniger Bienen bedeutet damit auch, dass die Bauern weniger ernten.“ Etwa 80 Prozent der heimischen Kulturpflanzen sind laut Bilke auf den Blütenbesuch der Honigbienen angewiesen. Bei Wildpflanzen seien Bienen für deren Erhalt und Erneuerung unentbehrlich. Es gelte daher, dringend alles daran zu setzen, einen weiteren Rückgang der Imkerei abzuwenden.



Quelle:  cbg

Böses Beispiel Kanada
 
Martina Kiel, Projektleiterin des RLM, sieht ein zusätzliches Dilemma darin, dass Bienen unbeabsichtigt zur weiträumigen Verbreitung des Pollens genmanipulierter Pflanzen beitragen können, denn: „Bienen halten sich nicht an Abstandsregelungen und blättern nicht im Standortregister.“ Die Kontamination gentechnikfrei bewirtschafteter Äcker sei nur eine Frage der Zeit, und Konflikte mit Bauern seien vorprogrammiert. Das Beispiel Kanada zeige, wohin die Reise gehe. Seit der großflächigen Verbreitung von Gentech-Raps in Kanada, lässt sich der kanadische Honig wegen seines Gentech-Anteils im Honig nicht mehr in Deutschland vermarkten. Für die kanadischen Berufsimker sei dies ein herber Verlust.
 
Imkerverband, BUND und RLM kritisierten vor diesem Hintergrund die geplante Aufweichung des Gentechnikgesetzes von 1990 durch die Anfang August im Bundeskabinett beschlossene Gesetzesnovelle. So seien weiterhin viele Fragen der Haftung ungeklärt und die von der Bundesregierung beschlossenen Regelungen gingen völlig an der Praxis vorbei. Schon heute könnten Bauern und Imker ihre Ernte bzw. den Honig auch bei nur geringen, unbeabsichtigten Verunreinigungen nicht mehr als Lebensmittel verkaufen. Einen Anspruch auf Schadensersatz erhielten sie jedoch mit der Gesetzesnovelle nicht. Dies bedeute, dass ausgerechnet diejenigen, die gentechnikfrei produzieren, komplett das wirtschaftliche Risiko für Verunreinigungen trügen, ebenso die Kosten für zusätzliche Kontrollen.



Quelle: BUND NRW

Imker, BUND und RLM fordern daher eine Entschädigungspflicht, sobald eine Verunreinigung nachweisbar ist. Die Nachweisgrenze liege derzeit bei 0,1 Prozent. Ebenso fehle ein Schadensersatzanspruch für gentechnikfrei arbeitende Landwirte, wenn wegen eines benachbarten Gentech-Anbaus Imker fernbleiben und sie deshalb Mindererträge erzielen. (PK)
 
Mehr zum Gentech-Anbau unter www.bund-nrw.de oder ralf.bilke@bund.net

Online-Flyer Nr. 111  vom 05.09.2007



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