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Aktueller Online-Flyer vom 25. April 2024  

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Globales
Nach 25 Jahren endlich ein fairer Prozess für Mumia Abu-Jamal?
Anhörung in Philadelphia am 17. Mai
Von Peter Kleinert

Nachdem die Gerichte bisher immer gegen ihn entschieden hatten, hat der in den USA vor 25 Jahren zum Tode verurteilte schwarze Journalist Mumia Abu-Jamal am 17. Mai bei einer mündlichen Anhörung vor dem 3. Bundesberufungsgericht in Philadelphia zum ersten Mal die Chance, ein neues Verfahren zu erzwingen. Dafür, dass es so endlich zu einem fairen Prozess und  am Ende zum Freispruch kommt, wollen am Samstag, 12. Mai, in Berlin zahlreiche Solidaritätsgruppen aus dem ganzen Bundesgebiet demonstrieren.

Mumia Abu-JamalMumia Abu-Jamal
Foto: KAOS Kunst- und Video-Archiv e.V.

Rechtsanwalt Robert R. Bryan hat einen Brief an die weltweite Solidaritätsbewegung für Mumia Abu Jamal geschrieben. Laut Bryan werden bei der Anhörung in Philadelphia die Rechtshilfeorganisation NAACP Legal Defense and Educational Fund und die Anwaltsvereinigung National Lawyers Guild, die als so genannte "Freunde des Gerichts" (amici curiae) beratende Eingaben an das Gericht gemacht haben, neben den Anwälten von Mumia Abu-Jamal ebenfalls vertreten sein.

Man werde darstellen, dass „Rassismus und politische Erwägungen“ diesen Fall seit Abu-Jamals Verhaftung 1981 bestimmten, nachdem dieser sich als Journalist eines unabhängigen Radiosenders bei den in Philadelphia herrschenden Kreisen unbeliebt gemacht hatte. Zur Debatte würden bei der Anhörung am 17. Mai folgende „komplexe Fragen von großer verfassungsmäßiger Bedeutung“ stehen:

Ob Mumia Abu-Jamal durch das Argument des Anklägers, der Angeklagte werde nach einer Verurteilung ohnehin noch "eine Berufung nach der anderen" haben - ein Argument, das die Jury dazu aufforderte, die Unschuldsvermutung und das Prinzip des berechtigten Zweifels zu missachten und den Angeklagten im Zweifelsfall schuldig zu sprechen - das Recht auf ein ordentliches Verfahren und einen fairen Prozess nach dem Fünften, Sechsten und Vierzehnten Verfassungszusatz verweigert wurde.

Ob die Praxis der Staatsanwaltschaft, Geschworene unbegründet abzulehnen, um Afroamerikaner aus der Jury auszuschließen, Mumia Abu-Jamals Recht auf ein ordentliches Verfahren und Gleichbehandlung vor dem Gesetz nach dem Sechsten und Vierzehnten Verfassungszusatz verletzt hat und in Widerspruch zum Urteil des Obersten Gerichts im Fall Batson v. Kentucky…von 1986 stand.

Ob Mumia Abu-Jamal während der Anhörungen zur Wiederaufnahme seines Verfahrens…ein ordentliches Verfahren und Gleichbehandlung vor dem Gesetz nach dem Sechsten und Vierzehnten Verfassungszusatz verweigert wurden, da diese Anhörungen von der Parteiischkeit und dem Rassismus des Vorsitzenden Richters Albert F. Sabo geprägt waren, von dem unter anderem die Bemerkung überliefert sei, er werde der Anklage "helfen, den Nigger zu grillen".

Offensichtlich, so lässt sich aus Bryans Brief vermuten, befürchten Mumia Abu-Jamals Feinde in den herrschenden Kreisen und bei den Justizbehörden Philadelphias, dass er und seine Anwälte bei der Anhörung Erfolg haben und dass ihre Verstöße gegen Recht und Verfassung durch das Berufungsverfahren öffentlich werden könnten. So hat laut Bryan kürzlich das Büro der Bezirksstaatsanwaltschaft Philadelphias in einem Brief das gesamte 3. Bundesberufungsgericht aufgefordert, „wegen Befangenheit von der Entscheidung über den Fall meines Mandanten zurückzutreten“. Er habe „schärfsten Widerspruch gegen dieses absurde Ansinnen“ eingelegt. Ergebnis: „Am 10. März tadelte das Gericht die Staatsanwaltschaft und teilte ihr mit, sie habe sich nicht an die für solche Fälle vorgesehenen Prozeduren gehalten, weshalb ihrer Forderung nicht entsprochen werde.“

„Unser Endziel ist die Freiheit für unseren Mandanten“, heißt es hoffnungsvoll am Schluss des Briefes von Mumias Anwalt. „Dessen ungeachtet befindet er sich weiterhin in großer Gefahr. Wenn wir in allen Punkten verlieren, wird er hingerichtet.“ Deshalb hat sich kurzfristig in Berlin ein Bündnis gebildet, das eine Kundgebung und Demonstration für Abu-Jamal vor der US-Botschaft vorbereitet. Diese Demonstration wird am Samstag vor der Anhörung, also am 12. Mai, ab 13 Uhr, Unter den Linden beginnen. Ihre Forderungen – so ein aktuelles Rundschreiben:

• Stoppt die Hinrichtung Mumia Abu-Jamals!
• Für einen neuen, fairen Prozess!
• Abschaffung der Todesstrafe - weltweit!

Beteiligen wollen sich an dem Berliner Demo-Bündnis Mumia Abu-Jamal: Bundesweites Netzwerk für Mumia Abu-Jamal, Freiheit für Mumia Abu-Jamal Berlin, Hörbuchgruppe Mumia Abu-Jamal, Rote Hilfe Berlin, Kampagne „Musik gegen Gewalt" und andere. Mehr Informationen hierzu unter www.mumia.de, www.freiheitfuermumia.de.

Wer sich über die Hintergründe zu Mumia Abu-Jamal und seinem Gerichtsprozess informieren möchte, kann hier über das Archiv des Freien Lokalrundfunks Köln (FloK) eine Sendung des Knastfunks „Die Brücke" hören. Die Sendung wurde 1995 von Adelheid Schulz, Christoph Schaefler u.a. produziert, hat aber leider ihre Aktualität bis heute nicht verloren.



'...aus der Todeszelle' - Essays"...aus der Todeszelle" - Essays
Foto: Atlantik Verlag

Bücher von und mehr Informationen über Mumia Abu-Jamal finden Sie unter: www.atlantik-verlag.de

In der NRhZ finden Sie zu Mumia Abu-Jamal einige Artikel und den Filmclip „Hinter diesen Mauern“ in der Nummer 25, sowie den langen Dokumentarfilm „Mumia Abu-Jamal und der lange Kampf um Freiheit“ in der Nummer 52.



Online-Flyer Nr. 92  vom 25.04.2007

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