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Aktueller Online-Flyer vom 24. April 2024  

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Glossen
Mit Nazi-Liedern und ihren "Helden von Kreta"
Eine demokratische Armee?
Glosse von Peter Adolffs

Die Bundeswehr darf auf dem Roncalliplatz ihr 50jähriges Bestehen feiern. Darin sind sich CDUSPDFDP im Stadtrat einig. Mit ihrem Oberbürgermeister Fritz Schramma und ihrem Kardinal Joachim Meisner. Das musste das Kölner Friedensforum im Beschwerdeausschuss des Stadtrats erfahren. Jede Menge KölnerInnen sind anderer Meinung und tun dies seit dem vergangenen Wochenende bis zum "Weltfriedenstag" am 21. September öffentlich kund, obwohl doch diese "demokratische Armee für die Demokratie einsteht und daher auch öffentlich ein Gelöbnis ausführen sollte", wie es der bis 2003 Leitende Kölner Polizeidirektor und heutige CDU-Stadtverordnete Winrich Granitzka laut Protokoll im AVR formuliert hat.

Anti Soldatengottesdienst Demo
Foto: Arbeiterfotografie


Ich habe vor ein paar Jahren einen Film über diese "demokratische Armee" gemacht. Am Beispiel der "Friedensengel" von der Saarlandbrigade, die schon 1995 zu den "Krisenreaktionskräften" der NATO gehörte und deshalb erfolgreich in Kroatien eingesetzt wurde. Der Film konnte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht gesendet werden, sondern "nur" im unabhängigen Fernsehfenster KANAL 4. Wenn sie sich diesen Film anschauen würden, könnten Herr Granitzka, seine Kölner Ratskollegen und der Oberbürgermeister einiges über die von ihnen gepriesenen "Riten und Traditionen" der Bundeswehr erfahren.

Zum Beispiel, dass diese stolze Truppe bei Vereidigungsfeiern junger Rekruten schon mal begeistert das Lieblingslied von Reichsfeldmarschall Herrmann Göring "Rot scheint die Sonne" sang und dass ihr dabei saarländische Landespolitiker wie der ehemalige Innenminister Friedel Läpple (SPD) begeistert zuhörten, der - dazu passend - heute noch Vorsitzender der "Stiftung Demokratie Saarland" ist. Niemand hat ihren Kommandeur wegen dieses Nazi-Liedes gerügt. Wir fanden es sogar gedruckt in einem Informations- und Schulungsheft für Bewerber und Rekruten.

Zum Beispiel, dass diese Bundeswehrbrigade alljährlich den Tag des deutschen Überfalls auf Kreta im Jahre 1941 feierte. Bei der - von einer für die Saarlandbrigade vorbildlichen Fallschirmjägertruppe eingeleiteten - drei Jahre dauernden militärischen Besetzung der Insel kamen - von deutschen und britischen Soldaten und griechischen Widerstandskämpfern ganz zu schweigen - tausende Zivilisten ums Leben, wurden Geiseln erschossen oder lebendig verbrannt, wurden fast alle kretischen Juden in Konzentrationslager verschleppt oder gleich an Ort und Stelle ermordet.

Anti Soldatengottesdienst Demo
Foto: Arbeiterfotografie


Zum Beispiel, wie die Bundeswehr auch in Schulungsfilmen zur Demokratie erzogen wurde: Unter Filmbildern vom deutschen Überfall auf Norwegen 1940 war da von "bemerkenswerter Selbstzucht" und "hoher Kampfmoral" die Rede. Fallschirmjägern über dem Kanal von Korinth und auf Kreta 1941 wurden "große Zähigkeit und Tapferkeit" bescheinigt. Beim "Einsatz Russland 1941-1943" bewiesen sie "Opfermut und Treue", in Afrika 1942 und in Monte Cassino 1944 "Ritterlichkeit, die heute der ehemalige Gegner rühmt". Ihr laut Schulungsfilm gültiger Wahlspruch: "Und setzt Ihr nicht das Leben ein, nie wird euch das Leben gewonnen sein."

"Diese Traditionen manifestieren sich tagtäglich in Form von weltweiten Friedensmissionen", meinte laut Protokoll die überwältigende Mehrheit des Ausschusses Allgemeine Verwaltung und Rechtsfragen (AVR) im Kölner Stadtrat. Und deshalb wird die Bundeswehr ihr Gelöbnis nicht - wie ursprünglich beantragt und geplant - am 22. September vor dem Dom feiern, sondern schon am 21sten. Weil dann der von der UNO 1981 beschlossene "Weltfriedenstag" begangen wird - weltweit allerdings etwas anders als in Köln - als "Antikriegstag".

Online-Flyer Nr. 07  vom 07.09.2005



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