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Krieg und Frieden
Abu Mazen und Ismail Haniyeh im Israel-Palästina-Konflikt
Auf dem Niveau von Bettlern
Von Roni Ben Efrat

Einst war der israelisch-palästinensische Konflikt die Mutter aller Probleme im Nahen Osten. Heute ist er nur einer von vielen. Hierfür können wir in erster Linie US-Präsident George W. Bush und seinem Krieg im Irak danken. Er hat nicht nur dieses unglückliche Land in Schiiten, Sunniten und Kurden gespalten, sondern auch die Geopolitik der Region verändert. War damals Saddam Husseins Irak die Regionalmacht, so ist es heute Mahmoud Ahmadinejads Iran. Saddam war ein weltlicher Diktator und stand für arabischen Nationalismus. Ahmadinejad repräsentiert schiitischen Fundamentalismus, und sein Land ist freilich nicht arabisch.

Karikatur: Kostas Koufogiorgos
Karikatur: Kostas Koufogiorgos
www.koufogiorgos.de


Iran will nicht Amerikas Gegner in der Welt werden

Zwei Achsen haben sich in Bushs neuem Nahen Osten herausgebildet: die amerikanische Achse mit Fouad Siniora im Libanon und Abu Mazen in Palästina sowie ihren alten Mitgliedern Israel, Saudi Arabien, Jordanien und Ägypten. Diesen gegenüber steht die iranische Achse mit Hamas, Hizb’ollah und Syrien. Doch die iranische Achse will nicht Amerikas Gegner in der Welt werden. Weder politisch, sozial noch ideologisch hat sie ein Gegenprogramm. Lieber wäre es Iran und seinen Alliierten, wenn sie Amerikas und Europas Anerkennung hätten, doch sie sind nicht bereit, die Lakaien der Amerikaner zu werden und ihre Identität aufzugeben. Zu dieser Selbstbehauptung werden sie durch die Schwächung der USA als Weltmacht ermutigt, die gleichfalls der amerikanischen Verstrickung im Irak zu verdanken ist.

An drei Brennpunkten stehen die beiden Seiten einander gegenüber:

Im Iran, der sich der Welt in der atomaren Frage widersetzt, und zugleich Syrien, die Hizb’ollah, Hamas und die Schiiten im Irak unterstützt.
In Israel/Palästina, womit nicht nur der israelisch-palästinensische Konflikt gemeint ist, sondern auch der zwischen Fatah und Hamas
Im Libanon, wo die Gegner der Einmischung Syriens denen gegenüberstehen, die von Syrien gefüttert werden, nämlich der Hizb’ollah.

Die beiden letzten Brennpunkte kann man als „gebremste“ Bürgerkriege beschreiben. Beide taumeln am „point-of-no-return“ herum: Vor den Kulissen sehen wir politische Morde und Schießereien auf den Straßen, dahinter mühen sich Vermittler, alles zusammenzuflicken.

Wes’ Dollars ich bekomm’, des’ Lied ich sing’

Seit letztem Frühjahr hat es zwischen Fatah und Hamas immer wieder Gespräche darüber gegeben, eine Technokratenregierung zu gründen, die von einer von beiden Seiten und auch von den Geberländern akzeptierten Person geführt wird. Nach dem Libanonkrieg sind diese Verhandlungen wieder einmal aufgenommen worden. Die Vereinbarung war fast fertig und selbst Khaled Mashal, Hamas’ widerspenstiger politischer Führer, hatte zugestimmt, als der palästinensische Premierminister Ismail Haniyeh zu einer Reise in die arabischen Staaten und den Iran aufbrach. Mit seiner Ankunft in Teheran vergaß er das Abkommen mit der Fatah und begann Ahmadinejads Lied zu singen. Als Gegenleistung wurden ihm 250 Millionen Dollar versprochen. Als Reaktion darauf rief Abu Mazen, Präsident der PA, zu Neuwahlen auf. Dies ließ die Kämpfe in Gaza wieder aufflammen, brachte weitere Entführungen, gegenseitige Morde und Straßenkämpfe, die von Zeit zu Zeit auf die Westbank übergreifen.

Was hat Ahmadinejad Haniyeh denn nun ins Ohr geflüstert? Hat er ihm gesagt, ein paar Millionen Dollar seien es nicht wert, heiligen muslimischen Boden, den die Zionisten an sich gerissen hätten, aufzugeben? Hat er ihm vielleicht gesagt, bald werde er die Bombe haben, und dann werde sich das Gleichgewicht der Kräfte ändern? Oder hat er ihn gebeten sich zu gedulden, bis Bush sein Amt aufgibt und die Demokraten die Macht übernehmen? Wehe Haniyeh, wenn er Ahmadinejad als Ratgeber akzeptiert hat. Wie wir aus den Ergebnissen der Wahlen im Dezember ablesen können, hat das iranische Volk begriffen, dass sein Hard-Liner-Präsident es in eine unnötige Konfrontation mit der Welt führt.

Gewalt in den Besetzten Gebieten nutzt Israel

Wenn die Gewalt in den Besetzten Gebieten irgendjemandem nutzt, dann Israel. Die Auseinandersetzungen zwischen Fatah und Hamas liefern ihm den Vorwand, politisch nicht die Initiative ergreifen zu müssen. Vor kurzem hat Olmert Abu Mazen und dessen Gefolge zum Essen in seine Residenz eingeladen. Seit Olmert sein Amt angetreten hat, war dies ihr erstes offizielles Treffen, doch es fand nur der Form halber statt. Bush hatte Olmert gebeten, das Eis ein bisschen aufzutauen. Olmert stimmte der Freigabe von 100 Millionen Dollar aus palästinensischen Steuergeldern zu, die Israel in Übereinstimmung mit dem Oslo-Abkommen eingezogen hatte und schon längst hätte abliefern müssen. Er war auch einverstanden, 27 der 522 Checkpoints aufzuheben. Vor dem Hintergrund der Straßenschlachten in den Besetzten Gebieten wirkte Abu Mazen wie ein schwacher, Mitleid erregender Vasall.

Sowohl er als auch Haniyeh waren auf das Niveau von Bettlern reduziert worden – der eine von seinem Gönner in Teheran, der andere von den seinen in Washington und Tel Aviv.


Editorial aus dem in Tel Aviv und Jaffa von Arabern und Juden herausgegebenen Zweimonats-Magazin Challenge, Nr. 101, Januar/Februar 2007- oda@netvision.net.il- www.challenge-mag.com
Aus dem Englischen von Endy Hagen


Online-Flyer Nr. 77  vom 10.01.2007



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