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Lokales
Nach üblem Polizeieinsatz gegen Roma in Kölner Flüchtlingswohnheim
Anzeige und Demo am 7. Oktober
Von Peter Kleinert

Der Kölner Stadt-Anzeiger meldet unter der Überschrift "Rom e.V. zeigt Polizisten an", es sei im Verlauf einer Wohnungsdurchsuchung ein Mann aus einem Fenster im zweiten Stock gesprungen. Gegen den Mann sei "wegen Diebstahls ermittelt" worden. Was man von Meldungen im KStA zu halten hat, wenn sie Roma betreffen, enthüllt eine Presseerklärung des Rom e.V., der von der Gattin Alfred Neven DuMonts unterstützt wird.

"Abweichend von der bisherigen Berichterstattung in den Medien", so der Rom e.V., ergäbe sich "nach ausführlichen Gesprächen mit zahlreichen Zeugen des Vorfalls...folgendes Bild: Richtig sei zwar, dass die Polizei die Wohnung von Herrn S. durchsucht habe. Dort fand sie aber kein Diebesgut, sondern den Reisepass "des betroffenen Flüchtlings" und stellte so fest, dass er ein Flüchtling sei. Daraufhin hätten, die Beamten - die sich offenbar nicht umsonst angestrengt haben wollten - "Herrn S. klargemacht, dass er jetzt abgeschoben würde. Der Betroffene hat dies so verstanden, dass er jetzt sofort abgeführt werden solle und in Abschiebehaft käme und zwar unter Zurücklassung seiner Frau und seiner minderjährigen Kinder, zumal ein Polizist höhnisch rief: "So, jetzt geht´s ab nach Jugoslawien".

Polizisten misshandelten Schwerverletzten

Dabei habe dieser Polizist auch noch Handschellen heraus geholt. "Herr S. geriet in Panik und sprang daraufhin aus dem Fenster, in der Tat aus Angst vor der Abschiebung und nicht - wie der Artikel nahe legt - wegen eines Fluchtversuchs vor der Polizei in Zusammenhang mit anderen Vergehen."
Nach seinem Fenstersturz aus dem zweiten Stock aus etwa vier Metern Höhe sei Herr S. auf die Betoneinlassung eines Gitterfensters zum Keller an der Stirnseite des Hauses gefallen. Laut Rom e.V. brach der Mann sich "beide Schienbeine und verletzte sich die Schulter. Aus seiner Hose staken sichtbar zwei gesplitterte Knochen, er war völlig bewegungsunfähig". "Den vor Schmerzen brüllenden Schwerletzten" hätten die Polizisten "zunächst mit Pfefferspray" traktiert "und traten zumindest in einem Fall auch noch auf ihn ein".

Roma Junge
Foto: arbeiterfotografie.com


Vater musste sich vor seinen Kindern ausziehen

Fazit des Rom e.V.: "Die Beamten verstießen auch grob gegen einfachste Regeln des Anstands, der Gesetze und der Achtung vor den Schamgefühlen einer Minderheit, weil sie Herrn S. zu Beginn der Durchsuchung zwangen, sich vor seinen Kindern, darunter halbwüchsige Mädchen, auszuziehen."
Der Vorstand des Rom e.V. sei "entsetzt über die völlige Unverhältnismäßigkeit, ja Brutalität dieses Polizei-Einsatzes. Von Seiten des Betroffenen wurde keinerlei Widerstand geleistet, im Gegenteil, er bat sogar darum zu Beginn der Durchsuchung mit seinem Anwalt telefonieren zu können - was ihm verweigert wurde". Dafür gebe es Zeugen. Der Anwalt von Herrn S. hat Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Köln gestellt. Der Rom e.V. hat sich dieser Anzeige angeschlossen und hofft, "dass die Polizeiführung gegen die dort eingesetzten Beamten ermittelt und sie zur Rechenschaft zieht. Einmal mehr scheint es so zu sein, dass bestimmte Polizisten das Recht zu haben glauben, gegen eh schon ausgegrenzte Menschen besonders verachtungsvoll und brutal vorgehen zu können."

Roma Kind
Foto: arbeiterfotografie.com


Menschenunwürdige Bedingungen für Flüchtlinge

Für den Rom e.V. ist dieser Vorfall "auch deshalb besonders dramatisch, weil die beiden 6 jährigen Zwillinge der Familie Schüler in Amaro Kher sind und die ganze Zeit Zeugen dieser menschenunwürdigen Behandlung und der dann erfolgten Panikreaktion ihres Vaters waren. Die Kinder waren daraufhin mehrere Tage nicht in der Schule und waren auch immer noch verstört als sie schließlich wieder kamen. Wie soll ein Projekt wie das unsere, das auch von der Polizei für seine Arbeit gelobt wird, weiter mit Erfolg weiterarbeiten können, wenn wir ständig solche Rückschläge in der sozialen Stabilisierung der Kinder hinnehmen müssen. Diese Polizeibrutalität kommt ja noch zu den übrigen menschenunwürdigen Bedingungen hinzu, unter denen diese Familien leben müssen: marode, laute enge Heime; ständige Angst vor Abschiebung und Verweigerung der Arbeitserlaubnis."

Demonstration gegen Abschiebungen Köln 2002
Demonstration gegen Abschiebungen Köln 2002
Foto: arbeiterfotografie.com


Unter ähnlichen Bedingungen wie Herr S., der nach dem Polizeieinsatz an beiden Beinen im Krankenhaus operiert werden musste, leben in Deutschland etwa 250.000 Menschen in Duldung, weitere Hunderttausende in der Illegalität. Deshalb wird es - im Rahmen eines vom Europäischen Sozialforum in Athen im Mai beschlossenen internationalen Aktionstages - auch in Köln am 7. Oktober eine Demonstration geben. Motto: "Schließung aller Lager und Abschiebegefängnisse in Europa und überall!" Die Kölner Aktion für das Bleiberecht wird von "Kein Mensch ist Illegal" und "Rom e. V." veranstaltet. Sie beginnt um 15 Uhr am Rudolfplatz und endet mit einer Kundgebung ab 16 Uhr am Dom.
Vielleicht wird - auf Anregung von Hedwig Neven DuMont, geborene Prinzessin von Auersperg - auch die DuMont-Presse über diese Veranstaltung fair berichten. Auf ihre Intervention hin, so habe ich seinerzeit in der Obdachlosenzeitung QUERKOPF vermutet, hat sich Alfred Neven DuMont ja auch im EXPRESS für dessen unsägliche "Klau-Kids"-Hetze gegen Roma-Kinder öffentlich entschuldigt.


Online-Flyer Nr. 64  vom 03.10.2006

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